Wellendichtring

Nicht ganz dicht zu sein, ist ein Zustand, womit niemand zufrieden sein kann, wobei sich dies heute meist auf eine geistige Ebene bezieht. In Bezug auf technische Einrichtungen verhindert der Wellendichtring die Undichte an Motoren, Getrieben und Gestängen, die in zwei Systemen gleichzeitig arbeiten. Der Übergang von einem geschlossenen zu einem offenen System wird heute wie in der Vergangenheit mittels entsprechender Dichtungen abgeriegelt, um einerseits ein Austreten von Flüssigkeiten oder Gasen aus dem geschlossenen System zu verhindern. Andrerseits wird ein Eindringen von Fremdstoffen wie Staub oder Schmutz abgewehrt. Solange es sich hierbei um statische Systeme handelt, ist dies kein größeres Problem. Schwierig wurde es zumindest in der Vergangenheit bei beweglichen Maschinenelementen, die beispielsweise die in einem Motor erzeugte Kraft mittels einer Welle, eines Kolbens oder eines Gestänges aus dem Gehäuse nach außen tragen sollten. Bis zur Erfindung des Wellendichtringes wurde gezwungenermaßen der Verlust an Schmierstoffen oder Gasen genauso wie eine Leistungsminderung und ein erhöhter Verschleiß hingenommen.

Die Geschichte des Simmerrings

Der heute allgemein als Simmerring bezeichnete Wellendichtring wurde durch den österreichischen Ingenieur Walther Simmer im Jahre 1929 entwickelt. Simmer arbeitete von 1919 an in der Weinheimer Lederfabrik Carl Freudenberg an der Entwicklung von Lederspaltmaschinen, wobei eine Problematik die Abdichtung der Kugellager gegen die bei der Gerbung des Leders verwendete Salzlauge war. Um die Zerstörung der Kugellager mittels Korrosion aufzuhalten, ersann Simmer einen Manschettenring, der in ein Blechgehäuse eingebettet war und über eine Schraubenzugfeder eine Dichtung aus Chromleder auf die Welle presste, die von dem Kugellager eingefasst war. Diese Idee zeigte sich nicht nur im Maschinenbau als durchschlagender Erfolg. Viel wichtiger war der Einsatz des Simmerrings in der damals immer stärker aufkommenden Automobilindustrie. Bis zur Erfindung des Wellendichtringes war es bei Fahrzeugen durchaus üblich, im Stillstand einen Behälter unter den Motor zu stellen, um das auslaufende Öl aufzufangen. Wer es sich leisten konnte oder zu faul war, lies das Getriebeöl einfach in den Boden entschwinden. Umweltschutz genoss zur damaligen Zeit keinerlei Priorität. Wie groß der Bedarf war und ist, zeigte sich durch die Gründung einer eigenen Fabrik durch Walther Simmer in seinem Heimatort Kufstein, in der von 1950 bis 1970 mehr als 60 Millionen Simmerringe produziert wurden. Die Bezeichnung Simmerring ist seit der Übernahme des Unternehmens von Walther Simmer im Jahr 1970 ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Freudenberg Sealing Technologies im Baden-Württembergischen Weinheim.

Funktion und Normen eines Wellendichtringes?

Heute wird für die Funktionalität eines Wellendichtringes nicht mehr Chromleder als Dichtungsmaterial verwendet, sondern Elastomere. Auch die Schraubenzugfeder der ursprünglichen Version von Walther Simmer wurde durch eine Wurmfeder (Schlauchfeder / Zugfeder) ersetzt und der Versteifungsring ist im Elastomer eingebettet. Durch die spezielle Profilierung des Elastomers wird dessen Dichtungslippe auf die Welle gedrückt, wobei der eingebettete Versteifungsring die Formbeständigkeit des Profils gewährleistet. Die Wurmfeder wiederum, die sich oberhalb der Dichtungslippe befindet, verhindert ein Abheben der Dichtungslippe bei höheren Umdrehungen. Diese Grundbedingungen für die Funktionalität eines Wellendichtringes sind in der Norm DIN 3760 festgeschrieben und beziehen sich auf Radial-Wellendichtringe mit der Bezeichnung Form A. Innerhalb der DIN 3760 besteht eine Erweiterung mit der Bezeichnung AS, wobei diese der Form A entspricht, jedoch mit einer zusätzlichen Schutzlippe ausgestattet ist. Im weiteren kommt speziell im Fahrzeugbau die DIN 3761 zur Anwendung, deren wichtigste Inhalte die Prüfbedingungen zu den thermischen Einsatzgrenzen darstellen, die wiederum die Basis für Gewährleistungsvereinbarungen für Hersteller und Anwender sind.

Technisch gesehen ist die DIN 3761 der neueste Stand der Dinge im Bezug auf Radial-Wellendichtungen. Die DIN 3760 löste bereits im Jahr 1962 die DIN 6503 ab, in der noch drei verschiedene Bauformen (A, B, C) aufgeführt waren. Die Formen B und C bezogen sich auf zusätzliche metallische Gehäuse und Kappen, die aber mit der Grundfunktion des Wellendichtringes nicht in direktem Zusammenhang stehen und deshalb in der DIN 3760 weggelassen wurden. Natürlich finden sich heute Wellendichtringe oder Simmerringe mit Gehäusen aus Metall, dies sind jedoch Ausführungen der jeweiligen Hersteller, die einem zusätzlichem Bedarf entsprechen können, und nur soweit der Normierung unterliegen, wie es die Formvorgabe des Innenteils verlangt.

Obwohl die Formen B und C nicht mehr Bestandteil der DIN 3760 sind, werden sie weiterhin mit dieser Bezeichnung in den Teilelisten der Maschinenhersteller geführt, da immer noch ein gewisser Bedarf besteht.

Verschleißerscheinungen bei Simmerringen

Ein Wellendichtring liegt zumindest mit seiner Dichtlippe und, je nach Bauform, mit seiner Staublippe auf einer schnell rotierenden Welle auf. Dabei können Geschwindigkeiten von bis zu 3800 U/min entstehen. Obwohl im Maschinen- und Motorenbau üblicherweise der Bereich einer Welle, der vom Wellendichtring umfasst ist, besonders geschliffen wird, um auch kleinste Unebenheiten zu beseitigen, ist die Belastung sehr hoch. Früher oder später wird sich das jeweils verwendete Elastomer abnutzen oder die Wurmfeder verliert ihre Spannkraft, wobei auch die Umweltbedingungen eine Rolle spielen. Dadurch kommt es zum Austritt von Flüssigkeiten, meist Hydraulik- oder Getriebeöl, über die Welle. Der Simmering im Auto genauso wie der Simmering am Motorrad sind gute Beispiele für hoch belastete Bauteile. In der Regel wird der Wellendichtring in verschiedenen Bauformen, wie etwa ein Wellendichtring mit Doppellippe, als Simmering an der Antriebswelle eingesetzt.

Wie wird ein Wellendichtring ausgewechselt?

Je nach Bauform ist ein Wellendichtring sehr exakt in das jeweilige Maschinengehäuse eingepasst. Beim Ausbau muss darauf geachtet werden, dass die Welle oder die Achse nicht beschädigt wird, sei es nun durch Kratzer oder auch durch ungleichmäßigen Zug, was unter Umständen eine Veränderung der Ausrichtung in der Längsachse bedeuten würde und in der Folge eine Unwucht herbeiführt. In solchen Fällen werden Wellendichtring Auszieher oder auch Wellendichtring Abzieher eingesetzt, die entsprechend der Bauform des Simmerrings unterschiedlich gestaltet sind. Diese Werkzeuge werden hauptsächlich dann verwendet, wenn der Simmerring in ein Metallgehäuse eingebettet ist. Für offene Wellendichtringe genügt unter Umständen auch nur ein speziell geformter Haken, der am relativ weichen Elastomer der Dichtung ansetzt und diese von der Welle zieht.

Der Wellendichtring Einbau gestaltet sich in der Umkehrung der Vorgänge ähnlich komplex, abhängig vom zu verwendenden Simmering. Um das gleichmäßige Aufsetzen der Dichtung auf die Welle zu gewährleisten, werden eventuell verschiedene Verlängerungen und Wellendichtring-Adapter benötigt, um eine exakte Positionierung vornehmen zu können. Im einfachsten Fall kann der Simmerring aber auch nur per Hand aufgeschoben werden. Als Faustregel gilt, dass sich der Aufwand zur Simmerring Montage nach der Umdrehungszahl der Welle richtet. Je schneller sich diese dreht, desto komplizierter ist die Dichtung gestaltet.

In diesem Zusammenhang muss auch Bezug auf die Kosten beim Simmerring wechseln genommen werden. Während die Dichtung je nach Bauform relativ günstig ist, können die Kosten der Arbeitszeit und der Ausfallzeit enorme Höhen erreichen. Bei komplexen Maschinen oder Motoren kann allein schon der Aus- und Einbau der um die Welle und die Dichtung bestehenden Elemente mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Darum ist es wichtig, darauf zu Achten einen den Erfordernissen angepassten Wellendichtring einzusetzen. So etwa Wellendichtringe mit FKM (Fluorkautschuk) als Elastomer, das eine große Bandbreite an Vorteilen gegenüber anderen Elastomeren besitzt. Der etwas höhere Preis wird durch eine entsprechend längere Laufzeit leicht wieder ausgeglichen.

Simmerringe sind überall

Obwohl der Simmering gerade in der Fahrzeugindustrie wie im Maschinenbau eine große Bedeutung besitzt, ist er keineswegs ein Element, das sich nur im gewerblichen Umfeld findet. Wellendichtringe sind in jedem Haushalt vorhanden. So der Wellendichtring an der Waschmaschine, der ein Austreten der Waschlauge aus der Trommel verhindert oder die kleinen bis kleinsten Simmerringe an Motoren von Mixern, Ventilatoren und Rasenmähern.

Der Simmerring oder der Wellendichtungsring verhindert nicht einfach nur das Austreten von Flüssigkeiten und damit die Beschädigung von Getrieben oder Motoren, sondern sind gleichermaßen aktiver Umweltschutz. Ohne die Erfindung Walther Simmers und den daraus resultierenden Entwicklungen hätten einige technische Neuerungen nie realisiert werden können.